Berlin (RPO). Es ging alles ganz schnell: Nur ein paar Minuten nach der Eröffnung von Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett in Berlin ist Hitler "geköpft". "Nie wieder Krieg" soll der Kreuzberger geschrien haben, bevor er Hitler den Kopf abriss, sagen Augenzeugen am Samstag. Und ein Aufseher fügt hinzu: "Mit einem Sprung war der Mann hinter dem Schreibtisch. Wir konnten ihn einfach nicht aufhalten." Dann habe der 41-jährige, der ein ehemaliger Polizist sein soll, zugelangt und Hitler "kopflos" gemacht.
"Rein menschlich gesehen ist das Attentat geglückt", kommentiert die Polizei trocken den Vorfall. Nach ersten Erkenntnissen hatte sich der Mann lange vor Eröffnung des Wachsfigurenkabinetts am Vormittag in der Schlange als einer der Ersten eingereiht - schon mit dem Ziel, die Wachspuppe des Diktators zu enthaupten. Bei ihm soll es sich laut dem Internetportal der "Berliner Morgenpost" um einen ehemaligen Polizisten handeln, der zurzeit arbeitslos ist und von "Hartz IV" lebt. Nebenbei jobbe er in der Altenpflege. Der ehemalige Polizist habe vor Jahren seinen Dienst bei der Behörde quittiert, weil er nach einer 1. Mai-Demonstration festgestellt habe, dass er auf die "andere Seite gehöre".
Besucher des Hauses von Madame Tussauds auf dem Boulevard Unter den Linden zeigen Verständnis für die "Protestaktion". Die Geschäftsführung sieht die Sache weniger mit Humor. Schließlich kostet eine solche Puppe 200 000 Euro. Jetzt wird beraten, ob die Hitler-Figur wieder repariert und ausgestellt werden soll. Nach der Tat wird der Torso zunächst schnell entfernt - für den Besucher bleibt nur noch die "Hitler-Ecke" zu sehen: ein Schreibtisch mit Büchern, dahinter die Attrappe einer Bunkertür.
Polizei ermittelt wegen Sachbeschädigung
Mit einem solchen Vorfall hatte keiner gerechnet. "Wir haben alle notwendigen Vorkehrungen getroffen", sagt Tussauds-Sprecherin Natalie Ruoß. Das Museum habe extra zwei Mitarbeiter mit der Bewachung der Hitler-Figur beauftragt und die Kollegen dafür geschult. Nun ist der Schaden totzdem da. Die Polizei ermittelt wegen Sachbeschädigung.
Vor allem die Präsentation der Hitler-Figur hatte für viel Aufregung gesorgt. "Der saß ja hier, wie der nette Onkel von nebenan", erregt sich der 52-Jährige Helmut Wendelak. In anderen Wachsfigurenkabinetten seien Hitler-Figuren abschreckender dargestellt. Daher könne er schon verstehen, "was hier passiert ist".
Verständnis für Wut
Das sehen auch andere Besucher so. Jörg Friesicke, ein 45-jähriger Taxi-Fahrer aus Falkensee, meint: "Ich kann das gut verstehen, was den Mann angetrieben hat." Die Figur von Hitler müsse hier nun wirklich nicht präsentiert werden. Auch der 22-jährige Bankkaufmann Oliver Bergmann aus Frankfurt am Main zeigt Verständnis für die "Wut" auf das Exponat.
Bei der Bewertung dessen, was nun geschehen soll, gehen die Meinungen auseinander. Während ein Teil der Besucher Hitler aus der Ausstellung verbannt sehen möchte, mahnen die anderen zu Toleranz. Es müsse eben auch gestattet sein, den Diktator in Wachs zeigen zu dürfen, sagt Bergmann. Daher sollte die Hitler-Figur nach ihrer Reparatur wieder aufgebaut werden. Mit Kopf. Gesenkt.