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GELASSEN MIT SPINNEN UMGEHEN
Exakte Zahlen existieren nicht, aber bei den Betroffenen, die sich vor Spinnen mehr als nur ekeln, nämlich unter einer Phobie leiden, geht man von einem Frauenanteil von 75–90 Prozent aus. Wie oft in solchen Fällen fahndet man auch hier nach genetischen oder sozialen Ursachen. Sollten Männer ein entspannteres Verhältnis zu Spinnen haben, weil sie so viel auf der Jagd waren? Bleibt die Frage, wie die Urfrauen es angestellt haben, ihre Höhlen in dieser Zeit spinnenfrei zu halten. Wenn man nach erzieherischen Gründen sucht, mag es wohl stimmen, dass der soziale Druck auf Männer größer ist, wenn es um das Kaschieren von Ängsten geht. Aber: Handelt es sich nicht nur um Ekel, sondern eine Phobie, kann auch ein Mann nicht tapfer tun. Erstaunlicherweise ist Spinnenangst ein Phänomen des westlich-christlichen Kulturkreises. Diese Begrenzung ist auch ganz gut so, denn in vielen Teilen der Welt wäre ein Leben mit ausgeprägter Spinnenangst noch anstrengender als hier, wo man eher auf die ungefährlichen und kleineren Exemplare trifft. Mythologisch wird die Spinne entweder als weise Frau verehrt oder in eine Ecke mit bösen Hexen gestellt. Das Objekt der weiblichen Angst ist also auch noch weiblich.
Angst im Alltag
Es mag haarsträubend klingen, aber man geht von 200–300 Spinnen pro Haus aus. Trösten Sie sich damit, dass sie Ihnen meist nur vereinzelt begegnen, sie weder Laute noch Gerüche von sich geben und an uns und unseren Lebensmitteln kaum interessiert sind. Die Hauswinkelspinne wurde sogar nach ihrem Wohnort benannt, was bedeutet, dass sie sich nicht in Ihr Zimmer verirrt hat und wieder nach draußen will, sondern sich zu Hause fühlt. Sie mag es kuschelig und warm. Das Haus spinnenfrei zu bekommen, indem man es radikal auskühlt, kann keine Alternative sein. Wenn Sie Ihre Vernunft über Ihren Ekel siegen lassen können, denken Sie an die vielen anderen Insekten, auf die die Spinne geduldig in ihrer Ecke wartet.Wenn Sie Ihre Anwesenheit nicht ertragen und zum Staubsauger greifen, leeren Sie anschließend den Beutel, denn Spinnen sind zäh und finden ihren Weg zurück nach draußen. Mit etwas Überwindung eignet sich die Technik mit dem Glas, unter das man eine Postkarte schiebt, immer noch am besten. Die Spinne reagiert schockiert und bewegt sich kaum in ihrem Glasgefängnis. Leider hilft es nichts, sie jetzt angewidert direkt vor die Tür zu werfen, denn sie hat einen ausgezeichneten Orientierungssinn und vergessen Sie nicht: Sie meint einen Wohnanspruch bei Ihnen zu haben. Sie müssen also mit der Spinne im Glas mindestens 30 Meter gehen. Katzenbesitzerinnen können sich freuen, denn ihre Lieblinge machen Jagd auf Spinnen, sofern sie nicht zu träge oder zu fett dafür sind. Angenehm ist die Tatsache, dass Spinnen den Geruch von Lavendel nicht mögen. Wenn Sie auch Kleidermotten damit vertreiben, schlagen Sie zwei Insekten mit einer Klappe. Ansonsten gibt es im Baumarkt oder Kaufhaus Spray, dessen Geruch Spinnen in die Flucht schlagen soll. Einem kleinen Gerät, das man in die Steckdose steckt und das die Spinnen durch einen ultrahohen Ton vertreiben soll, wird der gleiche Effekt nachgesagt.
Mythos Straussenei
Irgendein Tourist hat einmal in einer Moschee aufgeschnappt, dass die dort aufgestellten Straußeneiner die Spinnen fernhalten sollen. Da dürfte ein Missverständnis vorgelegen haben, oder die Informanten in der Moschee waren zu kleinen Scherzen aufgelegt. Straußeneier sind einfach nur sehr schöne Gefäße, um sie mit Duftölen zu füllen. Solange man es nicht mit einem Anti-Spinnenduft befüllt, ist ein Straußenei den Spinnen egal.
Arachnophobie
Wenn sich Spinnen derart zu Ihren Feinden entwickelt haben, dass Sie Ihr Leben einschränken, um ihnen nicht begegnen zu müssen, leiden Sie wahrscheinlich an einer Phobie. Es ist nicht schön, wenn man wegen einer Spinne die Polizei rufen muss, nicht mehr in den Keller oder Garten kann und auf Obstsorten oder Reiseländer verzichten muss. Es ist auch nicht schön, wenn man in seinem Umfeld auf Unverständnis stößt, denn erwachsene Phobiker wissen sehr wohl, dass Spinnen ihnen eigentlich nichts tun. Dieses Wissen schützt sie allerdings nicht vor Panikattacken und Angstzuständen. Die Spinnenphobie ist mit der Schlangenphobie die häufigste Phobie gegen Tiere. Deshalb können Sie auf ein relativ großes Hilfsangebot zurückgreifen.
Desensibilisierung
Hier empfehlen Psychologen sich über Bücher und Filme mit dem Objekt des Grauens vertraut zu machen.Wenn Sie es schaffen, ein wissenschaftliches Interesse an dem Tier zu entwickeln, wird es Ihnen viel weniger als unbesiegbares Monster erscheinen. Spinnen wurden zum Beispiel schon von der NASA ins All geschickt und eignen sich hervorragend als Testtiere für giftige Substanzen. Wie die Spinnen auf Ecstasy, Kaffee, Marihuana oder LSD reagierten, nämlich mit hyperaktiver Spinnerei, Löchern in den Netzen, Totalchaos, perfekter Symmetrie oder Arbeitsverweigerung wegen akuter Faulheitsattacken, macht sie nicht nur interessant, sondern fast sympathisch. Außerdem gibt es spezielle DVD-Reihen für Tierphobiker, auf denen Spinnen eingehend betrachtet werden können. Angefangen bei den kleinen dünnen tasten Sie sich bis den großen behaarten Spinnen vor. Sie können sich so langsam und aus sicherer Entfernung an den Anblick der Tiere gewöhnen und sich mit ihren Bewegungen vertraut machen. Wenn das funktioniert, dürften Sie nach einiger Zeit abgestumpfter reagieren, wenn Ihnen eine Spinne live über den Weg läuft.
Verhaltens- und Konfrontationstherapie
Die wirksamste und deshalb bewährteste Methode der Phobienbekämpfung ist die Konfrontation mit dem gefürchteten Objekt. In dieser Form der Verhaltenstherapie werden Sie dem Tier so lange und immer näher ausgesetzt, bis die Angst weniger wird und eine Gewöhnung eintritt. Echte Tierphobien sind als ernsthafte Krankheiten anerkannt, deshalb wird ihre Behandlung in der Regel von den Kassen getragen. Suchen Sie sich also einen ausgebildeten Psychotherapeuten, der ein Konfrontationstraining mit Tieren anbietet. Er wird Sie Schritt für Schritt mit den Spinnen konfrontieren, bis Sie in der Lage sind, das Tier anzufassen oder einfach krabbeln zu lassen. Eine Variante der Konfrontationstherapie ist das so genannte Flooding – also Überfluten. Als Spinnenphobikerin wird Ihnen also sofort eine Spinne auf die Hand gesetzt. Da Sie das überleben werden, soll Ihrem Hirn so signalisiert werden, dass von einer Spinne keinerlei Gefahr für Sie ausgeht. Das mag sich anhören wie aus einem Horrorfilm, ist aber in Begleitung eines Therapeuten viel einfacher, als es hilflos und allein zu Hause zu probieren. Die Heilungschancen durch Verhaltenstherapie sind sehr hoch und der anschließende Erfolg wirkt sich sehr befreiend auf das Leben der Patientinnen aus.